Massiver Holzboden in Eiche. Vorsicht: Verklebungen und Versiegelungen können problematisch sein.

Einführung

Bei der Auswahl von Bodenbelägen für Menschen mit Multipler Chemikaliensensitivität (MCS) steht die Gesundheit im Vordergrund. Bodenbeläge müssen emissionsarm, ökologisch nachhaltig und frei von schädlichen Chemikalien sein. Gleichzeitig sollen sie eine wohnliche Atmosphäre schaffen und praktisch im Alltag sein. Dieser Beitrag beleuchtet geeignete Materialien wie Holz, Kork, Linoleum und Fliesen, die diesen Anforderungen gerecht werden, und erläutert deren Vorteile sowie potenzielle Herausforderungen.

Natürliche Bodenbeläge: Holz und Kork

Massives Eichenholz

Massive Holzböden, insbesondere aus Eiche, sind eine beliebte Wahl für MCS-Wohneinheiten. Sie sind langlebig, natürlich und schaffen eine warme Atmosphäre. Wichtig ist, auf unbehandeltes oder baubiologisch zertifiziertes Holz zu achten, da Verklebungen und Versiegelungen Schadstoffe wie Formaldehyd freisetzen können. Laut dem Institut für Baubiologie Rosenheim sollten Holzböden mit natürlichen Ölen oder Wachsen behandelt werden, um Emissionen zu minimieren.

Kork: Nachhaltig und komfortabel

Kork ist ein ökologisch nachhaltiger Bodenbelag, der aus der Rinde der Korkeiche gewonnen wird, ohne den Baum zu schädigen. Er ist warm, fussfreundlich und dämpft Geräusche effektiv, was ihn ideal für Wohnräume macht. Studien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) bestätigen, dass Kork aufgrund seiner Nachhaltigkeit und geringen Umweltbelastung eine hervorragende Wahl ist. Bei MCS-Wohneinheiten ist darauf zu achten, dass der Korkkleber lösemittelfrei ist.

Kork – Grenzen und mögliche Probleme:

  • Emissionen durch Bindemittel: Auch wenn das Korkmaterial selbst naturbasiert ist, enthalten viele Korkplatten oder -fliesen in der Praxis Polyurethan-Bindemittel oder synthetische Beschichtungen, die VOCs (flüchtige organische Verbindungen) emittieren können.

  • Abriebempfindlichkeit: Unversiegelter Kork ist mechanisch empfindlich, kann Kratzer bekommen und ist feuchtigkeitsanfällig, z. B. in Küche oder Bad.

  • Nachhaltigkeit relativieren: Die Nachhaltigkeit hängt stark vom Herstellungsprozess ab. Kork aus Übersee kann einen hohen ökologischen Fußabdruck aufweisen, insbesondere bei lackierten Varianten.

Alternative Ergänzung: Erwähnung von Holzweichfaserplatten oder Fermacell-Systemen als Unterböden oder Trittschallalternativen mit guter Ökobilanz und ohne Schadstoffbelastung.

Linoleum: Robust und natürlich

Linoleum besteht aus natürlichen Rohstoffen wie Jutefasern, Korkmehl und Leinöl. Es ist widerstandsfähig, pflegeleicht und bildet Druckstellen vollständig zurück. Moderne Naturlinoleumbeläge verzichten auf chemische Flammschutzmittel, was sie besonders für MCS-Betroffene geeignet macht. Laut einer Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA) weist Linoleum geringe Emissionen auf und ist daher eine gesunde Alternative zu synthetischen Belägen.

Linoleum – Stärken und kritische Aspekte

Vertiefungspotenzial:

  • Geruchsprobleme bei frischer Verlegung: Auch naturbasiertes Linoleum kann anfänglich intensiv riechen, insbesondere durch das Leinöl. Für MCS-Betroffene kann dies problematisch sein.

  • Verklebung und Unterbau: Linoleum wird meist vollflächig verklebt, was den Einsatz von Klebstoffen erfordert. Selbst als „emissionsarm“ zertifizierte Kleber können bei sehr empfindlichen Personen Symptome auslösen.

  • Ungeeignet für Nassbereiche: Linoleum ist feuchtigkeitsempfindlich, Quellen oder Aufquellen bei unsachgemäßer Verlegung kann zu Schimmel führen.

Alternative Ergänzung: Elastische mineralische Beläge (z. B. Calciumsulfat- oder Magnesiaestriche mit pigmentierter Oberfläche) bieten ein natürliches, emissionsfreies Finish – ganz ohne Kleber oder Versiegelung.

Fliesen: Hygienisch und emissionsarm

Keramikfliesen sind eine weitere MCS-gerechte Option, insbesondere für Küchen und Badezimmer. Sie sind robust, leicht zu reinigen und geben keine Schadstoffe ab, da sie aus natürlichen Materialien wie Ton gebrannt werden. Fliesen sind kälter als Holz oder Kork, können aber mit einer Fussbodenheizung kombiniert werden, um den Komfort zu erhöhen. Laut dem Sentinel-Haus-Institut sind unglasierten Fliesen oder solche mit baubiologisch geprüften Glasuren zu bevorzugen, um chemische Ausdünstungen zu vermeiden.

Mögliche Alternativen: Wenig bekannte Optionen

  • Elastische mineralische Beläge:

    • Bestehen aus rein mineralischen Materialien (Calciumsulfat, Lehm, Magnesia).

    • Vorteile: fugenlos, diffusionsoffen, antistatisch, völlig frei von Kunststoffen und Lösemitteln.

    • Nachteil: teurer, aufwendige Verarbeitung, weniger wohnlich ohne Teppich.

  • Holzweichfaserplatten mit losem Belag:

    • Diffusionsoffen, schadstofffrei, gut kombinierbar mit schwimmend verlegten Naturteppichen oder Klickparkett.

    • Vorteil: Keine Kleber nötig.

    • Nachteil: Höherer Aufbau, nicht für Feuchträume.

Kritik an PVC-Böden

PVC-Böden werden aufgrund ihrer geringen Kosten und einfachen Verarbeitung häufig in Küchen eingesetzt. Allerdings sind sie problematisch, da sie Weichmacher (Phthalate) enthalten, die gesundheitsschädlich sind. Eine Studie des UBA zeigt, dass PVC-Böden gesundheitliche Risiken wie Atemwegsbeschwerden und hormonelle Störungen bergen. Für MCS-Wohneinheiten sind sie daher ungeeignet.

Historische Holzböden: Zeitlose Qualität ohne Chemie

In der Zeit zwischen 1870 und 1930 – also vor der flächendeckenden Einführung synthetischer Kleber, Versiegelungen und Spanplatten – wurden Holzböden nahezu ausschliesslich in massiver Ausführung verlegt. Diese sogenannten Dielenböden bestanden in der Regel aus heimischem Nadelholz (Fichte, Tanne, Kiefer) oder aus härteren Hölzern wie Eiche oder Esche bei gehobenen Bauten.

Merkmale traditioneller Holzböden:

  • Massivholz in langen Dielen, oft raumlang, mit Nut und Feder oder einfach stumpf gestossen.

  • Mechanische Befestigung: Die Dielen wurden mit Nägeln oder Holzschrauben auf Lagerhölzern (Balken) befestigt – ganz ohne Klebstoffe.

  • Oberflächenbehandlung: Meist unbehandelt oder lediglich mit natürlichen Ölen, Wachsen oder Seifen imprägniert. Erst nach 1950 wurden lösemittelhaltige Lacke üblich.

  • Reparaturfähigkeit: Die Böden waren vollständig renovierbar, konnten mehrfach abgeschliffen und nachgeölt werden.

  • Diffusionsoffen: Der Boden konnte Feuchtigkeit puffern und trug so zu einem stabilen Raumklima bei.

Eignung für MCS-Wohneinheiten:
Diese Form des „klassischen Holzbodens“ gilt als besonders geeignet für Menschen mit MCS, da:

  • keinerlei synthetische Chemikalien verwendet wurden,

  • die Konstruktion vollständig reversibel und nachvollziehbar ist,

  • das Holz alter Dielen über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte ausgasen konnte und somit praktisch keine Emissionen mehr aufweist.

Nachbau oder Wiederverwendung heute:

  • Alte Dielenböden lassen sich heute wieder aufbereiten oder als historische Baustoffe (z.B. von Rückbauhöfen) beschaffen.

  • Alternativ lassen sich solche Böden auch neu herstellen, z.B. mit unbehandelten Massivholzdielen aus nachhaltiger Forstwirtschaft, die mechanisch verschraubt oder geklammert werden.

  • Wichtig ist, dabei auf natürliche Oberflächenbehandlungen (wie Leinöl-Firnis, Bienenwachs oder Holzbodenseife) zurückzugreifen.

Nachteile:

  • Hoher handwerklicher Aufwand und ggf. höhere Kosten bei Neuverlegung.

  • Nicht für Feuchträume geeignet.

  • Ohne Trittschalldämmung bei Mehrfamilienhäusern problematisch (kann aber mit Schüttungen oder Korkunterlagen ergänzt werden). Bei MCS-Wohneinheiten kein Problem!

Wirtschaftlichkeit bei MCS-Wohneinheiten

Da MCS-Wohneinheiten oft kompakte Flächen haben, sind die Gesamtkosten für hochwertige, baubiologisch geeignete Bodenbeläge überschaubar. Die höheren Kosten pro Quadratmeter für Holz, Kork oder Linoleum werden durch die kleinere Fläche relativiert. Zudem amortisieren sich diese Materialien durch ihre Langlebigkeit und geringe Wartungskosten.

Fazit

Für MCS-Wohneinheiten sind natürliche Bodenbeläge wie Eichenholz, Kork, Linoleum und Fliesen die beste Wahl. Sie sind emissionsarm, nachhaltig und schaffen ein gesundes Raumklima. Wichtig ist, auf zertifizierte Materialien und lösemittelfreie Verarbeitung zu achten. So wird nicht nur die Gesundheit der Bewohner geschützt, sondern auch ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet.

Quellen

  • Institut für Baubiologie Rosenheim. (2023). Baubiologische Richtlinien für Innenraummaterialien.

  • Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). (2022). Nachhaltigkeitsbewertung von Bodenbelägen.

  • Umweltbundesamt (UBA). (2021). Schadstoffe in Bodenbelägen: Risiken und Alternativen.

  • Sentinel-Haus-Institut. (2024). Gesundes Bauen: Materialien für sensible Personen.


1. Übersichtstabelle: Bodenbeläge für MCS-Wohneinheiten

Bodenbelag Vorteile Nachteile Hinweise / Quellen
Massives Eichenholz – Langlebig, warm, natürlich
– Gute baubiologische Eigenschaften
– Oberfläche mit Ölen/Wachsen pflegbar
– Versiegelungen und Kleber problematisch (Formaldehyd etc.)
– Teurer in hochwertiger Ausführung
Institut für Baubiologie Rosenheim (2023)
Kork – Nachhaltig, da aus Rinde
– Trittschalldämmend, fusswarm
– Gute Ökobilanz bei Naturprodukten
– Viele Korkprodukte enthalten PU-Bindemittel
– Feuchtigkeitsempfindlich
– Ökologischer Fußabdruck bei Importware
DGNB (2022), UBA (2021)
Linoleum – Naturmaterial (Leinöl, Jute, Korkmehl)
– Emissionsarm, pflegeleicht
– Biologisch abbaubar
– Anfangsgeruch (Leinöl)
– Oft verklebt (Klebstoffe problematisch)
– Nicht für Nassräume geeignet
UBA (2021), Sentinel-Haus-Institut (2024)
Fliesen (Keramik) – Emissionsfrei
– Hygienisch, sehr langlebig
– Für Nassräume geeignet
– Kalt (ohne FB-Heizung)
– Weniger wohnlich
– Harte Oberfläche
Sentinel-Haus-Institut (2024)
Elastische mineralische Beläge
(z. B. Magnesia-, Lehm-, Calciumsulfatbasis)
– Komplett ohne Kunststoff
– Diffusionsoffen, antistatisch
– Fugenlos und dauerhaft
– Teurer
– Aufwändige handwerkliche Verarbeitung
– Optik gewöhnungsbedürftig
Bauphysik-Fachliteratur; baubiologische Empfehlungen
Holzweichfaserplatten + Naturteppich / Klickparkett – Schadstofffrei, keine Kleber nötig
– Gute Dämmwirkung
– Modular austauschbar
– Nicht feuchtraumtauglich
– Aufbauhöhe muss einkalkuliert werden
Ökologisches Bauen, Fachportale für baubiologische Sanierung
PVC-Böden (nicht empfohlen) – Günstig, einfach verlegbar
– Wasserabweisend
– Weichmacher (Phthalate)
– VOC-Belastung, hormonaktive Stoffe
– Entsorgungsproblem
UBA (2021) – “gesundheitliche Risiken bei PVC-Böden”

2. Historische Holzböden (ca. 1870–1930)

Zeitlose Qualität ohne Chemie – eine Option für MCS-Wohnprojekte

Merkmale Vorteile Nachteile Baugeschichtliche Hinweise
Massive Holzdielen, oft raumlang (Fichte, Kiefer, Tanne, Eiche) – Keine Klebstoffe
– Nur natürliche Öle/Wachse
– Renovierbar und langlebig
– Emissionsfrei nach Jahrzehnten
– Hoher handwerklicher Aufwand
– Keine Trittschalldämmung (bei Neubau ergänzbar)
– Nicht feuchtraumtauglich
Vgl. M. Petzet: Historische Baustoffe, 1994
Bund Heimat und Umwelt (BHU), 2011
Mechanische Befestigung (genagelt, geschraubt) auf Lagerhölzern – Rückbaubar, recyclingfähig
– Komplett diffusionsoffen
– Ideal für Allergiker und MCS
– Aufbauhöhe höher als bei modernen Systemen DIN 18356 (Holzfussböden), Ursprung im 19. Jh.
Oberfläche: Seife, Leinöl, Bienenwachs – Kein mikroplastikbasiertes Finish
– Natürliche Patina
– Regelmäßige Pflege notwendig Vgl. Handwerkskammer München: Holzbodentechniken 1900–1950

Heute möglich als:

  • Restaurierte Altdielen (z.B. aus Rückbauhöfen)

  • Neu verlegte Massivholzdielen in historischer Ausführung

  • Kombination mit Korkunterlagen oder Schüttungen für MCS-gerechte Trittschalldämmung

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