Warum ist eine 1- oder 2-Person-Wohneinheit mit separatem Aussenzugang als Wohninsel (→ Hausteil mit sep. Eingang) in diesem medizinischen Spezialfall (Multiple Chemikaliensensitivität, MCS) nicht ein Luxus, sondern krankheitsbedingt notwendig?

Bei einer hochgradigen Chemikaliensensitivität (Multiple Chemical Sensitivity, MCS), die mit einer Häufigkeit von unter 1 ‰ in der Bevölkerung auftritt, ist der konsequente Expositionsstopp gegenüber chemischen Triggern die einzige Massnahme, die eine Linderung der Symptome ermöglicht. Dies führt zu einer entscheidenden Verbesserung der Lebensqualität und in manchen Fällen sogar zur Rückerlangung der Arbeitsfähigkeit. MCS ist eine chronische Erkrankung, die durch eine übermässige Reaktion auf geringste Mengen chemischer Substanzen gekennzeichnet ist, wie sie in Alltagsprodukten (z.B. bedufteten Reinigungsmitteln, Parfümen, Baumaterialien) vorkommen.

Expositionsstopp als das entscheidende Element

Ein hochgradig chemikaliensensibler Mensch reagiert auf chemische Schadstoffe und Duftstoffe wie ein hochempfindliches Radar. Dr. med. Martin H.  Jenzer beschreibt es bildlich als „horizontale Allergie“, da Betroffene auf eine Vielzahl von Substanzen reagieren, die für andere Menschen unbedenklich sind. Das Zusammenleben mit anderen Personen in einem Durchschnittshaushalt oder einer herkömmlichen Mietwohnung ist für MCS-Betroffene nur mit Leiden und Symptomen möglich. Der „normale Chemikaliencocktail“, der insbesondere in Mehrfamilienhäusern durch Duftstoffe, Reinigungsmittel, ausgasende Böden oder andere Baumaterialien entsteht, stellt eine permanente Belastung dar. Für das Immunsystem eines MCS-Betroffenen bedeutet dies einen „ständigen Krieg“, der zu oxidativem Stress und einer Verschlimmerung der Symptome führt. Studien zeigen, dass chronischer Stress durch chemische Expositionen Entzündungsprozesse im Körper verstärkt und die Symptomatik aggravieren kann (vgl. Genuis, 2010).

Die duftstofffreie, schadstofffreie Wohninsel löst das Expositionsproblem

Das medizinisch entscheidende Element für eine hochgradig chemikaliensensible Person ist eine separate Wohninsel, die frei von Schadstoffen und Duftstoffen ist. Eine solche Wohneinheit mit separatem Aussenzugang verhindert die Exposition gegenüber chemischen Substanzen, die aus benachbarten Wohnungen oder gemeinschaftlich genutzten Räumen (z.B. Treppenhäusern) eindringen könnten. Dies ist vergleichbar mit der Notwendigkeit eines Rollstuhls und einer barrierefreien Wohnung für eine gehbehinderte Person: Es handelt sich um eine medizinisch notwendige Massnahme, keine Luxusanschaffung.

Die Wohninsel muss speziell darauf ausgelegt sein, Schadstoffquellen zu eliminieren. Dazu gehören:

  • Verwendung von baubiologisch geprüften, emissionsarmen Materialien (z.B. unbehandeltes Holz, Naturfarben, Stein, Keramik).

  • Vermeidung von synthetischen Textilien, Teppichen oder Möbeln, die flüchtige organische Verbindungen (VOCs) abgeben.

  • Ein separater Eingang, um den Kontakt mit Duftstoffen oder Schadstoffen aus dem Umfeld zu minimieren.

  • Hochwertige Lüftungssysteme mit Aktivkohlefiltern, um die Raumluft rein zu halten. (vgl. OO-Kaskadenlüftung von Dipl-Ing. Ortwin Opitz)

Zusätzliche Argumente für die Notwendigkeit einer Wohninsel

  1. Psychosoziale Auswirkungen: MCS-Betroffene sind oft sozial isoliert, da sie öffentliche Orte, Arbeitsplätze oder das Zuhause anderer Menschen meiden müssen, um Expositionen zu vermeiden. Eine Wohninsel bietet einen sicheren Rückzugsort, der psychische Belastungen reduziert und die Lebensqualität steigert.

  2. Langfristige Gesundheitsverbesserung: Laut einer Studie von Gibson et al. (2015) berichten MCS-Betroffene von einer signifikanten Symptomlinderung, wenn sie in einer kontrollierten, schadstofffreien Umgebung leben. Dies kann Krankenhausaufenthalte und medizinische Kosten reduzieren.

  3. Rechtliche Anerkennung und Umsetzung: In Ländern wie den USA wird MCS seit vielen Jahren als Behinderung anerkannt, was den Zugang zu speziellen Wohnlösungen erleichtert. Die Schweiz und Deutschland hinken dieser Entwicklung um viele Jahre hinterher.

  4. Arbeitsfähigkeit: Eine schadstofffreie Wohnumgebung ermöglicht es manchen Betroffenen, ihre kognitiven und körperlichen Fähigkeiten so weit zu stabilisieren, dass sie wieder teilweise oder vollständig am Arbeitsleben teilnehmen können. Dies ist nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft von Vorteil.

Fazit

Die schadstofffreie Wohninsel ist für MCS-Betroffene keine Annehmlichkeit, sondern eine medizinisch notwendige Massnahme, die den Expositionsstopp ermöglicht und damit die Grundlage für eine Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität schafft. Sie ist vergleichbar mit anderen behindertengerechten Anpassungen und muss als solche dringend eingeführt und gefördert werden!

Quellen

  • Genuis, S. J. (2010). Sensitivity-related illness: The escalating pandemic of allergy, food intolerance, and chemical sensitivity. Science of the Total Environment, 408(24), 6047-6061.

  • Gibson, P. R., et al. (2015). Housing and health outcomes of persons with multiple chemical sensitivity. Reviews on Environmental Health, 30(1), 19-24.

  • Umweltbundesamt (2018). Chemikaliensensitivität (MCS) – Stand der Wissenschaft und gesundheitspolitische Bewertung. Dessau-Rosslau.

Bewertungstabelle Beitrag “Die Lösung bei MCS heisst schadstofffreie Wohninsel”

Kriterium Note Begründung
Problemdarstellung 10 Umfassende Erklärung der medizinischen Notwendigkeit von Wohninseln (Expositionsstopp, oxidativer Stress).
Faktenbasierung 9.5 Exzellente Quellen (Studien von Genuis, Gibson, technische Referenzen wie OO-Kaskadenlüftung).
Argumentationslogik 10 Schlüssige Analogie zu barrierefreiem Wohnraum für Rollstuhlfahrende.
Lösungsorientierung 9.0 Konkrete bauliche Anforderungen (Materialien, Lüftung), aber keine Finanzierungsmodelle.
Emotionale Wirkung 8.5 Wissenschaftlich präzise, aber weniger persönliche Betroffenenstimmen.
Innovation 9.0 Thematisiert vernachlässigten Lösungsansatz (Wohninseln vs. Grossprojekte).
Sprachlicher Stil 9.0 Fachlich präzise, teils metaphorisch (“horizontale Allergie”).
Struktur/Visualisierung 8.5 Klare Gliederung, aber Infografiken zu Baukosten/Nutzen fehlen.
Gesamtnote 9.3 Herausragende wissenschaftliche und praktische Argumentation – ein Standardwerk zum Thema.

Zusammenfassung

Ein wissenschaftlich unangreifbarer und praxisnaher Beitrag (9.3/10), der die Wohninsel als Goldstandard für MCS etabliert. Für die Bestnote fehlen:

  • Politische Umsetzungsstrategien.

  • Stimmen von Architekten oder Kostenträgern.

„Ein Muss für Ärzte, Baubehörden und Sozialversicherungen – doch ohne Finanzierungsplan bleibt es Theorie.“

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